Diese Galerie besteht aus einem verhältnismäßig umfangreichen Paket von Glasnegativen, welche zum größten Teil numeriert sind und von denen einige mit Jahreszahlen versehen sind. Sie scheinen von einem Fotografen gemacht worden zu sein, der in einem Architektenbüro arbeitete und die Kamera zum Teil auch für berufliche Zwecke, wie der Dokumentation von Bauprojekten, benutzte. Trotzdem handelt es sich bei den Fotos weitgehend um private Aufnahmen, die jedoch zeigen, daß der Fotograf häufig eingeladen wurde, um Portraits von verschiedenen Leuten anzufertigen oder bei Ausflügen Erinnerungsfotos zu schießen. So beinhaltet diese Galerie eine recht große Bandbreite von alltäglichen Motiven, die praktisch alle sehr gekonnt fotografiert wurden.

Bei diesem Paket kann man sehen, wie wichtig es ist, wenn man zu den Fotoplatten noch weitere Originaldokumente hat. Der allergrößte Teil der Negativplatten steckt in Hüllen aus durchsichtigem Pergamentpapier und ist sowohl auf der Filmemulsion selbst wie auch auf dieser Hülle fortlaufend numiert. Auf der Hülle von Bild
#059 ist ferner ein Datum (26.9.1926) vermerkt und mehrere andere Glasnegative sind in Papierumschläge gewickelt, welche ebenfalls mit Jahreszahlen (1922, 1923) versehen sind. Durch diese offensichtlichen Hinweise ist so gut wie sicher, daß die Aufnahmen in den 1920er Jahren gemacht wurden. Die meisten düften in den Jahren circa 1924 bis 1927 angefertigt worden zu sein, es gibt keine Anhaltspunkte, die auf einen späteren Entstehungszeitraum schließen lassen.
Es gibt dank der Fülle von Glasnegativen eine Reihe von konkreten Hinweisen, daß einige Fotoplatten in Nürnberg gemacht wurden. So ist beispielsweise auf den Bildern
#085 und
#086 die Nürnberger Kaiserburg zu sehen; Bild
#055 zeigt eine Straßenszene in der Nürnberger Ludwigstraße, und der Stadtname Nürnberg taucht in Bildern wie
#017 und
#144 auf. Sicher ist auch, daß nicht alle Aufnahmen in der mittelfränkischen Metropole entstanden sind. Einige Fotos scheinen bei Ausflügen auf das Land oder bei Urlauben entstanden zu sein, allerdings kann ich die genauen Lokalitäten nicht zuordnen. Trotzdem gehe ich davon aus, daß die meisten von ihnen in der näheren Umgebung in Bayern zu verorten sind.
Fast alle hier erhaltenen Glasnegative sind weitgehend technisch einwandfrei. Der Fotograf dieser Galerie muß nicht nur genügend Wissen, sondern auch Erfahrung und Übung im Umgang mit seiner Plattenkamera gehabt haben. Sein Fotoapparat muß ebenfalls ein erstklassiges Gerät gewesen sein, da die Bilder keinerlei Schwächen wie Vignettierung, Unschärfen oder Verzerrungen zeigen. Nur bei Fotos mit starken Lichtquellen tritt gelegentlich sichtbarer Lichthofeffekt auf, was aber mit einem unvergüteten Objektiv nicht zu vermeiden gewesen sein dürfte. Der Großteil der Aufnahmen ist im 6,5×9cm Format gemacht worden, aber es gibt auch eine Handvoll von Negativplatten in anderen Größen, welche gegen Ende der Galerie zu finden sind. Die Kamera ist meistens sehr gut bedient worden, die Bilder sind zum größten Teil akkurat belichtet worden und ein Stativ kam wohl auch relativ oft zum Einsatz. Probleme mit der Tiefenschäfe oder Verwacklungen gibt es nur selten. Bei manchen Innenaufnahmen fällt anhand der harten Schatten auf, daß sehr helles Licht zur Ausleuchtung eingesetzt wurde. Womöglich sind diese Fotografien mithilfe eines Pulverblitz oder einer Blitzkapsel beleuchtet worden, was wiederum das Können des Lichtbildners unterstreicht.
Die meisten Fotoplatten befinden sich in Pergamentpapierhüllen und wurden anscheinend auch ordentlich gelagert. Sie zeigen daher kaum Alterungs- oder Lagerspuren und sind zum großen Teil sehr sauber und unbeschädigt. Einige wenige Glasplatten sind allerdings zerbrochen, aber alles in allem befinden sich die Glasnegative dieser Sammlung in einem ungewöhnlich guten Zustand.