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Galerie 8

Hier sieht man zehn Fotografien von Kindern, die alle auf dieselbe Art am selben Ort und wahrscheinlich kurz hintereinander entstanden sind. Da alle Mädchen und Jungen Schultüten in der Hand haben, ist es nicht schwer, den Anlaß dieser Bilder zu erraten. So hat man hier wohl mit der Arbeit eines beauftragten Profifotografen zu tun, der zur Einschulung der neuen Erstklässler diesen wichtigen Moment auf einzelnen Portraits festhielt. Foto Die zehn Negativplatten vom Format 10×15 kamen in einer Pappschachtel für 13×18cm Glasnegative und hatten alle Pergamentpapier als Zwischenpolsterung. Die Schachtel hat die Beschriftung "23° O.K. Platten / ultra rapid - orthochromatisch / lichthoffrei" und ist von der "Eisenberger Trockenplattenfabrik Otto Kirschten A.-G. Eisenberg i. Thür." (Thüringen). Obwohl nur zehn Platten vorhanden sind, ist die Kiste mehrfach mit der Numerierung "28680-28700" versehen, entweder fehlen also manche Platten, weil sie weggegeben wurden, verloren- oder kaputtgegangen sind, oder es gab von zwanzig Negativen tatsächlich nur zehn verschiedene Lichtbilder, die gut genug zum Archivieren/Verwerten realisiert wurden.

Für die zeitliche Verortung der Aufnahmen gibt es nur einen konkreten Hinweis. Der Junge auf Bild #06 trägt einen Pullover mit einem Reißverschluss, welcher erst nach 1920 in Europa Verbreitung fand. Damit ist ein früherer Entstehungszeitpunkt so gut wie ausgeschlossen. Die Kindermode ist teilweise sehr "klassisch", wie man an den verschiedenen Matrosenanzügen sieht, andererseits sind manche Personen auch weniger streng gekleidet, vor allem die Mädchen. Da ferner Schülermützen als 'reaktionärer Klassendünkel' von den Nazis nach 1933 abgeschafft wurden, gehe ich davon aus, daß die Bilder irgendwann zwischen 1920 und 1935 (am ehesten um 1930) gemacht wurden.

Viel schwieriger ist es, den Entstehungsort dieser Glasnegative zu bestimmen. Zwar wurden die Fotoplatten vom Fotografen mit den Nachnamen der Kinder und einer fortlaufenden Nummer beschriftet, aber diese Informationen reichen nicht aus, um das Fotostudio oder die Gegend zu bestimmen. Allerdings waren die abgebildeten Schultüten laut Wikipedia vor 1950 eher ein ostdeutscher Brauch, womit zumindestens eine gewisse geografische Lokalisierung gegeben ist.

Von der Belichtung her sind alle Aufnahmen in Ordnung, kein Glasnegativ ist zu dunkel oder zu hell, so daß man auf jeden Fall ein Bild mit mindestens guten Kontrasten und akzeptablen Grauverläufen erhält. Jedoch hat der Fotograf für alle Bilder eine extrem geringe Tiefenschärfe verwendet, welche keinerlei Spielraum für Fokusfehler ließ. Unglücklicherweise sind daher eine Reihe von Portraits nicht optimal scharf, weil die Schärfe einfach knapp daneben gesetzt wurde. Das Objektiv der Kamera hat zwar recht ansehliche Bilder gemacht, aber ich habe den Eindruck, daß es ein wenig Verzeichnung und Randunschärfe produzierte, weshalb ich es nicht für eine Spitzenlinse (wie beispielsweise in der Galerie #6) halten würde.

Der Zustand der Fotoplatten ist relativ gut. Es gibt Lagerungsspuren, die sich in etwas Schmutz und kleineren Kratzern zeigen, aber im Großen und Ganzen sind die Glasnegative völlig okay für ihr Alter. Die Negative wurden ausnahmsweise nicht schwarz-weiß eingescannt, da sich auf einigen eine Kolorierung sehen läßt. Im Original sieht diese magenta aus und scheint gezielt auf bestimmte Stellen aufgetragen worden zu sein. Was der Sinn dahinter ist, kann ich nicht sagen. Diese Färbung ist besonders gut auf den ersten beiden Bilder #01 und #02 zu sehen, wo sie im Positiv als Komplementärfarbe Grün erscheint.
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Bild 1 (28680)
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Bild 2 (28687)
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Bild 3 (28690)
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Bild 4 (28691)
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Bild 10 (28699)

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